Hinweis: In der Kategorie Kolumne
bieten wir eine Plattform für einzelne Mitglieder:innen, ihre ganz persönliche Meinung – durchaus auch einmal sehr pointiert – zu äußern und zu veröffentlichen. Dabei handelt es sich aber weder um die offizielle Meinung der Fraktion noch des Ortsverbands.
Apropos Wahljahr 2020. Im vergangenen Jahr haben wir dann doch mehrfach versucht, den Bürgermeister und seine Fraktion auf ihre Wahlaussagen aufmerksam zu machen. Nicht nur auf das allgemeine „Umdenken“, welches die UM-Fraktion quasi für sich okkupiert hatte und von dem bisher noch nicht so viel zu sehen ist. Es ging auch um das eine oder andere konkrete Detail.
Anfang Dezember wurde es dem Vorsitzenden des Hauptausschusses, BgM Hetzl, mal zu bunt und er brach die Diskussion mit den Worten ab „Jetzt werden wir mal wieder sachlich.“ Was daran war unsachlich? Die Wahlkampfaussagen selbst oder der Versuch, ihren Schöpfer an diese zu erinnern?
Stellen Sie sich vor, Sie suchen ein neues Auto. Sie wälzen Prospekte und Datenblätter, sie reden mit Verkäufern und machen Probefahrten. Nach langem Hin und Her nehmen Sie – umwelt- und kostenbewusst – den eher schlichten Dreiliter-Kleinwagen. Als stolzer Besitzer stellen Sie dann fest, ihr neuer Stolz braucht stolze fünf Liter – mehr als der formschönere SUV der Konkurrenz. Sie machen ihrem Ärger Luft – und die Reaktion? „Jetzt werden wir mal wieder sachlich.„
Es geht hier übrigens gar nicht um den Bürgermeister und seine Fraktion. Sie waren wohl selbst überrascht, in eine Position zu gelangen, in der sie ihre Versprechen auch einlösen müssen. Das ist dann besonders verzwickt, wenn andere sie auch noch mittragen würden.
Das Problem ist grundsätzlicher. Quer durch alle (alle? alle!) Parteien scheint es Konsens zu sein, dass Wahlkampfaussagen nichts sind, woran man später festgehalten werden möchte und könne. Sie dienten einzig dazu, Wähler:innen zu werben. Und die wüssten schon, dass Versprechen im Wahlkampf nicht wörtlich (oder nicht ernst?) zu nehmen seien. Man habe ohnehin selten die Möglichkeit, sie einzulösen. Kompromisse sind immer nötig.
Der Trend setzt sich in der Tagespolitik fort. Der guten Stimmung wegen möchte kaum jemand in Verantwortung Bot:in schlimmer Dinge sein. Nicht nur im antiken Griechenland sondern auch in der aktuellen Politik muss man scheinbar Angst haben, allein für die Botschaft hingerichtet zu werden. Man müsse schon Verständnis haben, die Politik möchte Optimismus verbreiten. Optimismus statt Ehrlichkeit? Leider sterben dafür Menschen, andere steuern in Chaos und Bankrott!
Ich wünsche mir, dass wir die Wende schaffen. Die Wende zu mehr Wahrhaftigkeit. Es ist nicht die Politik grundsätzlich, die die Menschen frustriert. Es sind fehlende Transparenz, Ehrlichkeit und Entschlossenheit, es sind mangelnder Wille oder schlicht Unfähigkeit, auch und gerade unbequeme Entscheidungen einfach und verständlich zu erklären. Der beste Nährboden für Populismus!
Wir brauchen nach fast einem Jahrzehnt wachsweicher GroKo jetzt ein Jahrzehnt mit Kontur, klarer Linie und mehr Mut. In diesem Sinne wünsche ich einen guten und erfolgreichen Start. Willkommen neues Jahrzehnt, willkommen 2021.