Ledererstraße und ein gestörtes Verhältnis zwischen Stadtrat und Verwaltung

Hinweis: In der Kategorie Kolumne bieten wir eine Plattform für einzelne Mitglieder:innen, ihre ganz persönliche Meinung – durchaus auch einmal sehr pointiert – zu äußern und zu veröffentlichen. Dabei handelt es sich aber weder um die offizielle Meinung der Fraktion noch des Ortsverbands.

Persönliche Stellungnahme zum Beitrag „So geht es nicht: Grüne laufen Sturm gegen Verkehrsregelung in der Ledererstraße“

Ich lese hier „Da es sich nur um eine provisorische Maßnahme handele, die nur wenig Geld gekostet habe, sei kein Beschluss nötig gewesen.“ Da frage ich mich natürlich, was noch passieren muss, damit die Stadtverwaltung versteht, dass der finanzielle Aufwand nicht das einzige Kriterium für ihre Zuständigkeit darstellt. Eine klare Ansage der Staatsregierung und des Landtags haben offensichtlich nicht ausgereicht. 

Auch provisorische Maßnahmen müssen sich im Rahmen der Beschlusslage des Stadtrats bewegen. Das mag bei einer Baustelle oder einer Notlage vielleicht vorübergehend anders sein. Darum geht es hier aber nicht. Dieses Provisorium sollte ja gerade dem Ziel dienen, die Beschlüsse des Stadtrats durchzusetzen. Das Gegenteil ist hier aber der Fall.

Beschlossen ist – und das ergibt sich aus der Gesetzeslage – ein Bereich in dem sinngemäß gilt:

  • Fahrzeuge müssen Schrittgeschwindigkeit fahren.
  • Fahrzeuge dürfen den Fußgängerverkehr weder gefährden noch behindern und müssen, wenn nötig, warten.
  • Es darf außerhalb der dafür gekennzeichneten Flächen nicht geparkt werden, ausgenommen zum Ein- oder Aussteigen und zum Be- oder Entladen.
  • Wer zu Fuß geht, darf die Straße in ihrer ganzen Breite benutzen; Kinderspiele sind überall erlaubt.
  • Selbstverständlich dürfen Fußgänger:innen dabei den Verkehr nicht unnötig behindern

Hätte man ausschließlich ein paar Parkplätze eingezeichnet, was auch in einem verkehrsberuhigten Bereich möglich ist, dann würden diese Punkte weiter gelten und man könnte zähneknirschend noch von einer laufenden Angelegenheit reden. Zu glauben, dass diese Markierungen aus Parksündern bessere Menschen macht, die sich nunmehr an alle Regeln halten, zeugt allerdings von geradezu kindlicher Naivität. 

Tatsächlich wurde aber auch das Zeichen 325.1 (verkehrsberuhigter Bereich) ohne jede sachliche Veranlassung abmontiert und durch ein Zeichen 274.20 (Zulässige Höchstgeschwindigkeit 20 km/h) ersetzt. Damit dürfen Autos nun dreimal so schnell fahren, wie vorher, Fußgänger:innen haben wieder Nachrang. Sie müssen am Rand gehen und beim Überqueren der Straße den Autoverkehr vorlassen. Kinder dürfen nicht mehr spielen. Damit ist aus der Ledererstraße wieder eine ganz normale Straße geworden. 

Dem Ziel, wildes Parken zu verhindern, dient diese Maßnahme in keiner Weise. Sie steht im diametralen Gegensatz zur Beschlusslage und kann deshalb auch provisorisch nicht im Rahmen der laufenden Verwaltung umgesetzt werden.

Die Maßnahme stellt zudem ein erhöhtes Risiko dar. Denn besonders die Änderung der Regeln über die Benutzung der Straße durch Fußgänger:innen und Kinder ist nicht ausreichend ersichtlich. Der Straßenbelag hat sich nicht geändert, es gibt keine Warnhinweise auf die geänderte Lage und der Umbau der Schilder ist für Fußgänger:innen, die meist auch aus den Seitengassen kommen, kaum wahrnehmbar.

Wie sollen bitte Kinder oder auch Fußgänger:innen wissen, dass sie sich hier nach acht Jahren Verkehrsberuhigung nicht mehr frei bewegen können? Wie erkennen sie, dass sie am Rand bleiben müssen und immer auf Autos achten müssen? Optisch bleibt die Ledererstraße eine Spielstraße. Gegen Ende zum Stadtplatz ist sie auch viel zu eng für ein sicheres Nebeneinander. Nebenbei hat sich übrigens am Stadtplatz auch noch die Vorfahrtsreglung – nur für Fahrräder – geändert. Es gilt wieder rechts vor links.

Der ganze Vorgang gefährdet vor allem diejenigen, die zu Fuß unterwegs sind. Das ist fahrlässig und völlig unverantwortlich. Falls etwas passiert, kann das womöglich auch zu Haftung der Stadt führen.

Und zu guter letzt noch etwas zur neusten Idee, Pflanzkübel aufzustellen. Man fragt sich ja schon, ob es der Stadtverwaltung nur noch darum geht, Dinge anders zu machen, also sie aus den Reihen des Stadtrats vorgeschlagen werden. Man hätte ja auch – erst einmal provisorisch – Kunststoffpoller aufstellen können. Aber das wäre ja dann nicht die eigene Idee gewesen.

Wichtig war es, so habe ich das verstanden, dass nicht wild vor Haustüren, Einfahrten, Schaufenstern etc. geparkt würde. Eigentlich sollte ja ursprünglich nirgends geparkt werden. Aber zum Ein- und Aussteigen, Be- und Endladen gerade eben schon – so sieht es auch das Gesetz vor. Und natürlich müssen Rettungskräfte die Häuser erreichen können. Genau für all das sind herausnehmbare Poller entwickelt worden. Deshalb war der Vorschlag durchaus durchdacht. Wie das mit Pflanzkübeln effektiv erreicht werden soll, darf man gespannt sein.

Der ganze Vorgang ist symbolisch für ein sehr gestörtes Verhältnis zumindest zwischen Teilen des Stadtrats und Teilen der Verwaltung. Was hätte denn dagegen gesprochen, nachdem aus unterschiedlichen Fraktionen mehrfach auf den Misstand bei den parkenden Autos in der Straße hingewiesen wurde, den Stadtrat bei der Planung mitzunehmen? Wozu sitzen wir in den Ausschüssen, in denen ja durchaus auch konstruktiv gearbeitet wird? Ich würde mir schon wünschen, dass die Verwaltung den Stadtrat nicht nur als notwendiges Übel sondern auch als konstruktiven Partner betrachtet.

Aber wo ich schon so im Flow bin …

noch eine Bemerkung zur Pressemitteilung an der Kapellenstraße

Hier wird eine Idee, die seit Jahren fast identisch auf der Seite der Verkehrswende eingefordert wird (https://verkehrswende-muehldorf.de/hotspots/gefaehrliche-unterfuehrung-kapellenstrasse/), als Idee der Stadtverwaltung verkauft. Wie muss man strukturiert sein, wenn man Menschen, die sich für ein Verbesserung des Verkehrs in Mühldorf für alle Verkehrsteilnehmer:innen einsetzen, einfach ignoriert? Was wäre so schlimm, wenn man hier auch mal deren Einsatz honoriert?

Die Krönung ist allerdings das Bildmaterial. Man hätte ja die Vorteile der neuen Lösung etwa durch Abbildung von Radfahrer:innen, Kinderwagen oder einem Rollstuhl visualisieren können. Die Verkehrswende hätte sich sicher gefreut, hier Statisten vorbei zu schicken. Stattdessen gibt es ein Bild des Bürgermeisters, der Stadtbaumeisterin und des Tiefbaumeisters, das nur eines sagt: Jetzt können auch drei – wirklich wichtige – Menschen nebeneinander durch die Unterführung gehen. Spott und Kritik in den sozialen Medien zeigen uns, wie das ankommt.