Antrag zur Erweiterung der Aufgaben der Gesellschafterversammlung städtischer Betriebe

Antrag
ⓒ Matthias Kraft

Antrag

Der Stadtrat möge beschließen, 

  1. den Bürgermeister zu beauftragen, die Gesellschaftsverträge der Stadtwerke und der Stadtbau dahingehend rechtskonform anzupassen, dass 
    1. alle Vorhaben und Rechtsgeschäfte, die im Einzelfall eine Wertgrenze von 500.000 € oder im gesamten Vorhaben ein Wertgrenze von 1.000.000 € überschreiten – mit Ausnahme von Energielieferverträgen und Ersatzbeschaffungen – sowie
    2. alle Vorhaben, die für die Stadt von grundsätzlicher Bedeutung sind

    der Zustimmung der Gesellschafterversammlung bedürfen.

  2. Die Geschäftsordnung ist bei Bedarf dahingehend anzupassen, dass der Bürgermeister als Mitglied der Gesellschafterversammlung diese Zustimmung nicht ohne die Zustimmung des Stadtrats erteilen kann.
  3. Über die Frage, ob eine Maßnahme von grundsätzlicher Bedeutung ist, entscheidet im Zweifel der Stadtrat.
  4. Es ist sicherzustellen, dass eine Verschwiegenheitspflicht der vom Stadtrat entsandten Aufsichtsratsmitglieder gegenüber dem Stadtrat und seinen Mitgliedern nicht besteht. Dabei ist auf die Verschwiegenheitspflicht der informierten Stadtratsmitglieder hinzuweisen.

Begründung

Bei wesentlichen Projekten der Stadtwerke sehen wir es als unabdingbar, dass die Stadt – und damit in demokratischer Legitimation der Stadtrat –in die Entscheidungsprozesse der Stadtwerke eingebunden wird. Dies entspricht nicht nur den Grundsätzen verantwortungsvoller kommunaler Steuerung, sondern auch dem berechtigten Anspruch der Bürgerinnen und Bürger auf Transparenz, Einflussnahme und Mitgestaltung bei zentralen Vorhaben, die das Gemeinwesen betreffen.

Gerade bei kostenintensiven oder aus anderen Gründen bedeutsamen Projekten stadteigener Gesellschaften – wie etwa beim Hallenbad oder den Maßnahmen am Stadtplatz 58 – lässt sich der Öffentlichkeit nicht vermitteln, dass der Stadtrat an den grundlegenden Entscheidungen nicht beteiligt ist. Demgegenüber folgt die Stadtverwaltung bei eigenen Projekten einem geregelten Verfahren mit regelmäßiger Beteiligung des Stadtrats.

Die Bayerische Gemeindeordnung (BayGO) betont mehrfach – z. B. in Art. 92 Abs. 1 Nr. 2 sowie Art. 93 Abs. 2 – die Notwendigkeit einer hinreichenden Einflussnahme des Stadtrats auf die städtischen Beteiligungen. In ihrer Stellungnahme zu unserem Antrag vom 28.05.2025 verweist die Stadtverwaltung zu Recht auf die Problematik des in Art. 93 BayGO verankerten Weisungsrechts an Aufsichtsratsmitglieder und zitiert dazu einen Beitrag von Peter Lindt (vgl. Anlage). Lindt empfiehlt zur Sicherung der Einflussnahme, dass der Stadtrat „diejenigen Entscheidungen, bei denen er im Zweifel doch noch ‚mitreden‘ will, nicht dem Aufsichtsrat, sondern der Gesellschafterversammlung zuweist.“

Vor diesem Hintergrund wird beantragt, besonders finanzwirksame Entscheidungen der Gesellschafterversammlung vorzubehalten und in der Geschäftsordnung sicherzustellen, dass diese Entscheidungen vom Stadtrat zu treffen sind. Die vorgeschlagenen Wertgrenzen liegen deutlich über jenen der Geschäftsordnung, sodass die Gesellschaften auch künftig über eine weitaus größere Selbstständigkeit verfügen als die Stadtverwaltung bei eigenen Vorhaben.

Ergänzend wird eine Zuständigkeit für „Vorhaben von grundsätzlicher Bedeutung“ vorgeschlagen. Damit soll sichergestellt werden, dass der Stadtrat bei Projekten mit erheblicher öffentlicher Relevanz oder kontroverser Wahrnehmung demokratisch Einfluss nehmen kann – auch wenn diese unterhalb der genannten Wertgrenzen liegen. Dieser – freilich unbestimmte – Begriff lehnt sich an Art. 37 Abs. 1 Nr. 1 BayGO an, dessen Auslegung und Kommentierung herangezogen werden kann.

Die Verschwiegenheitspflicht selbst gegenüber Mitgliedern des Stadtrats, die ihrerseits zur Verschwiegenheit verpflichtet sind, stellt für die betroffenen Aufsichtsratsmitglieder eine schwierige Situation dar. Zudem widerspricht sie Art. 30 Abs. 3 BayGO, wonach der Stadtrat die gesamte Gemeindeverwaltung überwacht. 

Der Antrag, die Verschwiegenheitspflicht gegenüber dem Stadtrat aufzuheben, stützt sich auf mehrere Rechtsgrundlagen, insbesondere Art. 93 Abs. 2 S. 2 BayGO, § 394 AktG ggf. i. V. m. § 52 Abs. 1 GmbHG sowie § 51a GmbHG bei Ein-Personen-Gesellschaften. Ganz grundlegend hierzu hat sich das BVerfG zum Informationsrecht demokratischer Kontrollgremien – hier dem Bundestag – über seine Unternehmen – hier die DB – in seiner Entscheidung vom 7.11.2017 geäußert.

Für den fakultativen Aufsichtsrat ist die Aufhebung der Verschwiegenheitspflicht ein typischer Regelungsfall. Hier „können im Gesellschaftsvertrag sowohl Erweiterungen als auch Lockerungen der Verschwiegenheitspflicht bestimmt werden; eine Erleichterung könnte im Hinblick auf Berichte der Aufsichtsratsmitglieder in ihren Fraktionen, die ohne eine solche Bestimmung eindeutig kein Berichtsadressat sind, erfolgen…“ (Widtmann/Grasser/Glaser, BayGemeindeO, 34. EL April 2023, Art. 93 BayGO, beck-online). Für den Aufsichtsrat einer Personengesellschaft (hier der KG) gilt dies ohnehin, da keine gesetzlichen Einschränkungen gelten.

Kosten

Rechtsberatungs-, Notariats- und Eintragungskosten.

Lesetipp