Ideologische Verblendung

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Gestern im Stadtentwicklungsausschuss, als der Vertreter der Presse bereits gegangen war (wer mochte es ihm zu diesem Zeitpunkt verdenken), wurde es dann doch noch unterhaltsam. Oder wie die Presse lieber sagen würde – es gab Streit.

Diskutiert wurde über eine einzige Frage: Wie bewegen wir Grundbesitzer:innen dazu, Brachflächen zu bebauen. Und dabei kam man dann von Hözchen auf Stöckchen und beschäftigt sich auch mit der Frage, wie man Siedlungsgebiete geordnet weiterentwickelt. Eigentlich war die Diskussion ganz launisch und fast schon konstruktiv – wenn ich mir auch eine kommunikativere Sitzordnung gewünscht hätte. @hetzl ceterum censeo tabulas aliter ponendas esse (oder so).

Ein Mitglied der meist schweigenden Mehrheit griff dann zum Klassiker: Ideologisches Denken oder Gesinnungsdenken warf er den Kolleg:innen von SPD und Grünen vor. Dieser Vorwurf enthält immer die negative Notation, man wolle der Stadt eine Ideologie überstülpen. Das sei natürlich schlecht, denn jede Stadt sei etwas individuelles und könne nicht mit anderen über einen Kamm geschert werden. Wer also ideologisch denkt, schadet der Stadt.

Dieser Einwand sozialistischen Verhaltens – man könne doch Grundeigentümern nicht vorschreiben, was sie mit ihrem Grundeigentum machen – kam, wen wunderts, aus dem Lager der CSU. Deren Mitglieder denken natürlich nicht ideologisch und völlig gesinnungslos. Aber der Einwand kam vor allem aus dem Lager der Grundeigentümer:innen – nicht derer, die im eigenen Haus wohnen und auch noch etwas für Kinder und Enkel reservieren. Vielmehr derer, die Grundeigentum als Erwerbsquelle betrachten – und als Spekulationsobjekt. Und um die ging es dem BgM bei seinem Ansinnen, Brachland endlich nutzen zu wollen. Der Einwand stand also unter dem Motto, „Wenn jeder an sich selbst denkt, ist an alle gedacht.“

Und da kommen wir zum Punkt: Was – in diesem Fall bei SPD und Grünen – als ideologisches Denken gebrandmarkt wurde, ist schlicht Haltung. Man ist in einer Partei, weil man eine gemeinsame Grundhaltung zu erkennen glaubt. Und diese bestimmt dann in der Tat auch das eigene Handeln vor Ort. Und so es täte dem einen oder der anderen* in der CSU auch nicht schlecht, eine Grundhaltung der eigenen Partei zu bewahren.

Mein Tipp wäre für eine Haltung in der CSU: Ein „C“ und ein „S“. Ob man dann immer noch sagen würde, man könne einem Eigentümer** nicht vorschreiben, was er mit seinem Grundstück macht? Vielleicht erinnert man sich auch an Konrad Adenauer, der als Präsident des parlamentarischen Rates die Sozialbindung des Eigentums (Art 14 Abs 2 Grundgesetz) zumindest mitzuverantworten hat – der alte Soze.


P.S.: Ein durchaus lesenswerter Beitrag in der FAZ zum „C“ der Union: „Schafft die CDU das C ab, schafft sie sich selbst ab


* Ich betone, dass das keine zu verallgemeinernde Kirtik ist. Da wir ja nicht in Lagern denken, müssen sich auch nicht alle angesporchen fühlen.

** Die CSU würde wohl kaum gendern.

Dr. Matthias Kraft

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