Hinweis: In der Kategorie Kolumne
bieten wir eine Plattform für einzelne Mitglieder:innen, ihre ganz persönliche Meinung - durchaus auch einmal sehr pointiert - zu äußern und zu veröffentlichen. Dabei handelt es sich aber weder um die offizielle Meinung der Fraktion noch des Ortsverbands.
Ein Satz oder vielmehr eine Anschauung hat mich in diesem Jahr, in meiner ersten Zeit als Stadtrat besonders oft und besonders tief beunruhig. Sinngemäß hört man da „Mit seinem Eigentum kann man tun und lassen, was man will.“ Und in der Folge: „Die Stadt oder der Stadtrat kann da niemandem Vorschriften machen.“
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Ich möchte trotz Vorweihnachtszeit nicht mit der Bibel, sondern mit unserem Grundgesetz antworten: Da heißt es:
Eigentum verpflichtet. Sein Gebrauch soll zugleich dem Wohle der Allgemeinheit dienen.
Artikel 14 Absatz 2 des Grundgesetzes für die Bundesrepublik Deutschland
Der zweite Absatz der Eigentumsgarantie unserer Verfassung geht gelegentlich unter. Er ist aber gerade in Zeiten wie diesen von höchster Bedeutung. In Zeiten, in denen wir nicht nur in einer akuten Pandemie stecken, sondern auch vor einer immer heftigeren Umweltkrise und vor unerträglichen humanitären Katastrophen.
Ohne diese fundamentale Einsicht, dass Eigentum auch eine Verpflichtung gegenüber der Allgemeinheit darstellt, werden wir die vor uns stehenden Aufgaben nicht bewältigen.
- An alle Grundbesitzer:innen, die großen und die kleinen: Es ist kein Wohlwollen, seinen Grund und Boden ökologisch zu nutzen, den einen oder anderen Teil der Natur zu überlassen, Bäume stehen zu lassen oder Wege für die Allgemeinheit offen zu lassen.
- An alle Autofahrer:innen: Es ist keine Gunst, sein Auto so zu nutzen (oder eben nicht zu nutzen), dass Natur und Umwelt geschont werden, dass die Verkehrswege und Stellflächen nicht zunehmend überlastet sind oder dass man das eine oder andere gemeinsame Ziel auch gemeinsam erreicht.
- Und an alle diejenigen, die damit beschäftigt sind, ihr Eigentum stetig zu mehren: Es ist nicht ungerecht, dass mit wachsendem Besitz auch die Verpflichtungen gegenüber der Allgemeinheit wachsen.
All das ist vielmehr Teil des Gemeinwohlprinzips unserer Verfassung.

In diesem Sinne wünsche ich Ihnen allen, ob Sie Weihnachten feiern oder nicht, eine ruhige und besinnliche Zeit. Der Jahreswechsel ist immer ein Anlass zurückzuschauen und nach vorne zu planen. Wir verabschieden uns sicher nicht ungerne von 2020. Aber wir sollten aus diesem denkwürdigen Jahr lernen. Wir sollten Solidarität wieder mehr schätzen.
Bleiben Sie gesund!
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