Bei Demokratie noch Luft nach oben

ⓒ Matthias Kraft

Hinweis: In der Kategorie Kolumne bieten wir eine Plattform für einzelne Mitglieder:innen, ihre ganz persönliche Meinung – durchaus auch einmal sehr pointiert – zu äußern und zu veröffentlichen. Dabei handelt es sich aber weder um die offizielle Meinung der Fraktion noch des Ortsverbands.

Beim Bürgermeister ist der Vorwurf bereits angekommen, er würde mit der Demokratie etwas fremdeln. „Demokratie, das ist der Stadtrat“ (OVB vom 16.03.2023 | Viele Themen und eine Neuigkeit), so seine Antwort darauf in der letzten sogenannten „Bürgerversammlung“. Damit unterstreicht er die Vorwürfe mehr, als er sie widerlegt. 

Der Stadtrat ist genau ein Baustein von vielen in einer demokratischen Kommune. Aber selbst im Umgang mit dem Stadtrat kommen gelegentlich Zweifel auf, ob er es mit der Demokratie so ernst meint. Darüber ist freilich schon viel geredet worden und es läge ja auch in der Hand der Stadtratsmehrheit, hier Besserung zu fordern – tut sie aber nicht.

Demokratie, das ist auch eine Bürgerversammlung, die den Namen verdient. 

„Zweck und Aufgabe der Bürgerversammlungen ist die gegenseitige Unterrichtung von Bürgerschaft und Verwaltung, sowie die Einflussnahme der im Stadtbezirk wohnenden Bürger*innen auf und ihre Mitsprache bei Entscheidungen der Stadtverwaltung, die sich in ihrem Stadtbezirk auswirken. Die Stadtverwaltung nimmt die Gelegenheit zum direkten Kontakt und Dialog mit den Münchner*innen sehr gerne wahr.“

https://stadt.muenchen.de/infos/buergerversammlungen.html

Wo war denn am Dienstag die Möglichkeit der Einflussnahme, wo die gegenseitige Unterrichtung? Gab’s denn eine Tagesordnung? Zwei Stunden Monolog. Informationen nicht immer auf dem neusten Stand*. Dann kamen die Fragen – keine Anregungen, keine Anträge – die waren gar nicht zugelassen.

Kein Wunder also, dass diese Veranstaltung so mager besucht war. Wer kommt denn da hin, wenn man nur das zu hören bekommt, was man in der Innstadt-Info nachlesen kann? Bürger:innen wollen doch mitreden. Und sie wollen sehen, dass sie mit ihren Anliegen nicht alleine sind.

Demokratie, das sind auch Bürgerbegehren.

Was unser Bürgermeister davon hält, hat er ja deutlich gemacht: Nichts. Das Bürgerbegehren ist nach seiner Ansicht schuld, dass am Stadtplatz 58 das Gebäude vergammelt. Und ich dachte, das sind die, die das Gebäude vergammeln lassen! 

Eine Kommune ist nicht nur eine repräsentative Demokratie. Sie lebt auch von direkter Einflussnahme ihrer Mitglieder. Wer das als Führungskraft nicht erträgt, muss halt Kanzler:in werden.

Die Kommune ist näher an Bürgerin und Bürger – sollte sie jedenfalls sein. Und deshalb ist es wichtig, in Angelegenheiten, die alle betreffen, auch alle mit einzubeziehen. Nicht durch Monolog, sondern durch Dialog. Dazu hält die Bayerische Gemeindeordnung mehrere Instrumente bereit (Art. 18, 18a, 18b BayGO). Sie zu nutzen ist nicht undemokratisch sondern gerade besonders demokratisch. 

Da besteht in Mühldorf in Sachen Demokratie doch noch Luft nach oben.


* Beispiele: 1. Der Bürgermeister sagte, es gäbe noch keinen Antrag der InnFood zur Grundwasserentnahme für Mineralwasser. Tatsächlich liegt der Antrag mittlerweile vor. 2. Der Bürgermeister sprach über den Betrieb des Murnauer Rufbusses, unterschlug aber, dass der Stadtrat die Bremse gezogen hat. 3. Der Bürgermeister meinte, es gäbe noch keine Ampel am Fahrradweg nach Waldkraiburg. Die Ampel steht aber schon.