Zur Berichterstattung über die Jahreshauptversammlung der Aktionsgemeinschaft „Mühldorf vor Ort“ und die Stellungnahme von Stadträtin Zieglgänsberger in der Stadtratssitzung vom 25.10.2023 nimmt die Fraktion der Grünen wie folgt Stellung:
Verrohung der Sprache
Die hier zitierte Wortwahl vor allem des Bürgermeisters stellt eine völlig unangebrachte Diskreditierung einzelner Stadtratsmitglieder und einen Verlust jeglicher Wertschätzung dar. Das trifft, wie der Bürgermeister selbst eingesteht, die Mehrheit des Stadtrates.
Der Bürgermeister ist von Gesetzes wegen ausführendes Organ des Stadtrates und sollte sich schon von daher mit zu schroffen Stellungnahmen dieser Art zurückhalten.
Fragwürdige Fakten
Angaben etwa über die Höhe der Gebäude oder die Kosten eines neuen Campus entbehren jeglicher Grundlage. So wird hier behauptet, dass die Gebäude „nur fünf Meter niedriger sind als der Kirchturm“ seien. Das wären dann also 61m und bei einer Geschosshöhe von 4m ca. 15 Stockwerke. In der Idee der CSU ist von vier Geschossen die Rede, also maximal ein Geschoss höher als die nahegelegene Grundschule. Das ist dann doch eine auffällige Diskrepanz. Derartige Verdrehungen der Tatsachen sind inakzeptabel.
Wie sich die Kosten von 100 Mio € ergeben, ist ebenfalls offen. Tatsächlich wird der Campus in Mühldorf aber mittel- und langfristig keine Überlebenschance haben, wenn nicht in neue Gebäude investiert wird. Dabei dürften die Kosten unabhängig vom Standort ähnlich sein. Durch die Einbeziehung ohnehin renovierungsbedürftiger Bestandsbauten in das Innenstadtkonzept könnte dieses bei einer Gesamtbetrachtung auch der Fördermöglichkeiten sogar günstiger sein.
Kritik an den Kosten ist also letztlich Kritik an der Idee des Campus generell, nicht am Standort.
Aus unserer Sicht ist der Campus allerdings eine wesentliche und zukunftsweisende Entwicklungsmöglichkeit der Stadt. Perspektivisch werden gut 1.000 Studierende die Innenstadt beleben und bieten eine Entwicklungsmöglichkeit für die Wirtschaft. 30 bis 40 exklusive Wohnungen, wie sie im Ideenwettbewerb vorgesehen sind, werden hier deutlich weniger Effekte erzielen.
Fehlender Parkraum
Herr Kühl fokussiert sich bei der Frage der Planung auf dem Gelände zwischen Altstadt und Inn auf die Schaffung von Parkplätzen für Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter. Er wirft dem Stadtrat letztlich Untätigkeit vor.
Keine grundsätzlichen Differenzen der unterschiedlichen Entwürfe
Zunächst muss festgestellt werden, dass die Anzahl der Parkplätze in den unterschiedlichen Überlegungen ähnlich ist. Die Notwendigkeit von neuem Parkraum insbesondere zur Entlastung des Stadtplatzes wird nicht bezweifelt. Die Planung sollte allerdings ein im Wandel befindliches Mobilitätsverhalten der Bürgerinnen und Bürger berücksichtigen und im Sinne der Umwelt auch fördern.
Verzögerte Parkraumplanung
Die Fraktion der Grünen fordert seit Beginn der Planung ein umfassendes Parkraumkonzept, ohne das auch die Planung am Inn-Stadt-Park nicht seriös fortgeführt werden kann. Dabei haben wir regelmäßig darauf hingewiesen, dass auch Alternativen, etwa die Aufstockung vorhandener Parkplätze an anderen Orten und die bessere Anbindung der Festwiese, in die Planung einzubeziehen sind. Zur Verminderung des Suchverkehrs fordern wir seit Jahren ein dynamisches Parkleitsystem. Auch andere Fraktionen haben ähnliche Überlegungen angestellt.
Tatsächlich hat die Stadtverwaltung diese Vorschläge bis heute nicht aufgegriffen, sondern sich allein auf die Planung am Inn-Stadt-Park fokussiert und hiervon alle weiteren Schritte abhängig gemacht. Wir könnten heute deutlich näher an einer Lösung sein, wenn sich Bürgermeister und Verwaltung offener für Alternativen zeigen und in einen konstruktiven Dialog eintreten würden.
Private Initiativen fehlen
Herr Kühl erwähnte in einem Gespräch, dass eine Bereitschaft der Arbeitgeber:innen bestünde, mehr als 1.000,-€ pro Parkplatz für Mitarbeiter:inen und pro Jahr aufzubringen. Bei Baukosten pro Stellplatz von ca. 10.000,-€1 ist ein privatwirtschaftlicher Betrieb eines Parkhauses damit eine sinnvolle Option.
Wir haben deshalb angeregt, etwa mit Blick auf die Parkfläche hinter der Sparkasse, nochmals initiativ zu werden. Wir würden es sehr begrüßen, wenn die Sparkasse als staatliches Kreditinstitut für den Mittelstand im Sinne des Allgemeinwohls, insbesondere aber ihrer eigenen Kunden einen Beitrag zur Lösung eines erheblichen Problems beitragen könnte.
Mangelnde Beteiligung des Stadtrats
Stadträtin Zieglgänsberger ging neben den oben angesprochenen Fragen auch auf die Finanzierung des Hallenbades ein. Diese solle durch den Verkauf von Wohnungen auf dem Gelände des bestehenden Hallenbads realisiert werden. Durch die neuen Pläne würde diese Option vereitelt. Eine ähnliche Aussage ihres Fraktionskollegen Saller konnte man bereits der Presse entnehmen (MA v. 26.07.2023).
Tatsächlich liegt bis heute weder eine belastbare Planung für ein neues Hallenbad noch für die zu erwartenden Kosten vor. Entsprechend hat sich der Stadtrat auch noch nicht mit der Finanzierung befasst. Die hier vorgebrachten Überlegungen fanden offensichtlich außerhalb des eigentlichen Entscheidungsorgans, des Stadtrats statt. Einen Verkauf von städtischem Grund am Inn-Stadt-Park zur Finanzierung des Schwimmbads lehnen wir jedenfalls ab.
Auch zu den Planungen rund um den Ideenwettbewerb gibt es bisher keine explizite Entscheidung des Stadtrats, ob und wie diese konkret weiterverfolgt werden sollen. Aus Sicht der Grünen ist, um eine objektive Entscheidungsgrundlage zu erhalten, eine klare Zusammenstellung und Gewichtung der bisher erarbeiteten Kriterien insbesondere aus dem ISEK notwendig. Anhand dieser Kriterien sind die vorliegenden Entwürfe gegenüberzustellen und gemeinsam zu bewerten.
Ein Projekt dieser Dimension und mit dieser Ausstrahlung auf die Zukunft der Stadt bedarf einer konstruktiven Zusammenarbeit. Zuständig dafür wäre wohl der SEA, der aber seit mehr als einem Jahr nicht mehr getagt hat und damit de facto abgeschafft ist.
Polarisierungen, wie sie zuletzt vom Bürgermeister zu hören waren, sind hier sicher der ganz falsche Weg. Sie führen zu einem zunehmenden Vertrauensverlust zwischen Stadtrat und Rathaus. Das ist es, was aus unserer Sicht ein zügiges Vorwärtskommen verhindert.
1 In einer früheren Fassung war von 5.000,- € die Rede.