Hinweis: In der Kategorie Kolumne
bieten wir eine Plattform für einzelne Mitglieder:innen, ihre ganz persönliche Meinung – durchaus auch einmal sehr pointiert – zu äußern und zu veröffentlichen. Dabei handelt es sich aber weder um die offizielle Meinung der Fraktion noch des Ortsverbands.
Ich finde es ja toll, wie Sie in München Bäume umarmen und Ihre „Liebe zur Natur“ in aller Öffentlichkeit zur Schau stellen.
Ich fänd’s vielleicht sogar toll, wenn’s in Bayern die Grünen gar nicht bräuchte. Immerhin ist bei uns der Umweltschutz in der Verfassung verankert. Da sollte man ja meinen, grüner geht’s nimmer.
München ist übrigens eine Stadt, die vorbildlich ist, was Baumschutz und Grünflächen angeht. Dort gibt es eine Baumschutzverordnung und eine Freiflächensatzung. Wir sind neidisch!
Nur leider ist Ihre Liebe zum Grün bisher nicht hierher zu uns vorgedrungen. Knapp 80 Kilometer östlich Ihrer Residenz – aus Münchener Sicht fast schon in Niederbayern – müsste man Bäume nicht umarmen, man muss sich anketten, um Sie zu retten.
Und es ist vor allem auch die Fraktion Ihrer Partei, die trotz des letzten großen Baumfrevels vor wenigen Wochen in unserer Stadt noch immer nicht über Baumschutz auf Privatgrund reden möchte.
Als Jurist wissen Sie ja, dass man Vorschriften bis zum Ende lesen sollte. Von Art. 14 des Grundgesetzes beispielsweise (der Garantie des Eigentums) sollte man nicht nur den ersten, sondern auch den zweiten und dritten Absatz lesen. Da steht dann so etwas wie „Eigentum verpflichtet. Sein Gebrauch soll zugleich dem Wohle der Allgemeinheit dienen.“
Lieber Herr Söder, Vielleicht haben Sie ja mal Zeit, zu uns auf’s Land zu kommen und Ihren Vertretern vor Ort zu erklären, wie ernst es Ihnen mit Grün ist. Sie sind herzlich eingeladen. Vielleicht umarmen Sie ja dann auch hier einen Baum – wenn Sie noch einen finden. Womöglich werden wir Grüne dann eines Tages auch überflüssig. Jetzt sind wir’s jedenfalls nicht!
P.S.: Zum Scherzen ist mir übrigens nicht zumute, wenn ich zwei Dutzend alte Bäume am Boden sehe, nur damit ein Investor seinen überzogenen Bauantrag durchbringt – auch nicht am Aschermittwoch.