Stadtidentität (nicht!) ohne Stadtrat

Foto ⓒ 2021, Dr. Matthias Kraft

Das neue Logo der Stadt muss vom Stadtrat beschlossen werden. Zu diesem Ergebnis kommt der Innenausschuss des Bayerischen Landtags im Einklang mit dem Innenministerium aufgrund einer Petition der Grünen.

Gleich zu Beginn seiner Amtszeit begann Bürgermeister Michael Hetzl mit der Einführung einer neuen „Corporate Identity“ (kurz „CI“) für die Stadt Mühldorf. Das Logo wandelte sich vom gewohnten, spielerisch gezeichneten Mühlrad zu einer Art zweitem Wappen. Auch das alte Stadtwappen verschwand zusehends und wurde durch das neue Logo ersetzt. Schilder, Prospekte, Webseite und vieles mehr wurden an das neue Design angepasst.

Das Corporate Design war eines der Vorzeigeprojekte, die der Bürgermeister auch in seiner Jahresbilanz gern hervorhob. „Leider hat er dabei wohl vergessen, den Stadtrat einzubinden“ meint der Fraktionssprecher der Grünen, Stadtrat Dr. Matthias Kraft. Der sei später nur auf Nachfragen informiert worden.

Bereits zu Anfang der Wahlperiode zeichnete sich laut Kraft ab, dass Bürgermeister Hetzl die Aufgabenverteilung zwischen sich und dem Stadtrat recht eigenwillig interpretierte. „Ich kenne das aus meiner Berufserfahrung eher von Familienunternehmen.“ Mehrmals hätten die Grünen die Fach- und Rechtsaufsicht beim Landratsamt erfolglos um Hilfe gebeten.

„Im Falle des Designs und des Logos war die Sache aber glasklar: Eine neue CI ist unter keinem Gesichtspunkt eine laufende Angelegenheit. Das widerspricht schon der Grundidee einer Corporate Identity (eigentlich Stadtidentität), bei der es um das Selbstbild der ganzen Stadt geht“, erläutert Kraft. Er hätte sich bei sehr kompetenten juristischen Kolleg:innen und Praktiker:innen rückversichert und sich mit seiner Meinung in guter Gesellschaft befunden.

Lange Zeit habe sich der damals frischgebackene Stadtrat in dieser Sache wie Don Quijote gefühlt. Schon früh hatte er auf unterschiedlichen Ebenen versucht, die Bürgervertreter:innen in die Entscheidungsfindung hineinzureklamieren. Der Bürgermeister hatte kein Einsehen. Das Landratsamt ebenso wenig. Auch ein persönliches Gespräch mit Landrat Max Heimerl änderte daran nichts. 

Enttäuschend war auch, dass der Rest des Stadtrats sich um das Thema nicht zu kümmern schien. Dabei geht es bei Corporate Identity per Definition um das Selbstverständnis der Stadt. Wie kann einem das so egal sein? Es geht aber vor allem um Demokratie, und die ist ja kein parteipolitisches Thema.“ Rückhalt habe es dennoch nur sehr vereinzelt und in der eigenen Fraktion gegeben. 

Letztlich reichte Kraft eine Petition beim Bayerischen Landtag ein. Hier entschied der Innenausschuss am 10.11.2021 nach einer positiven Stellungnahme des Innenministeriums. Das Ergebnis war deutlich: „Es sei verwunderlich, dass die Regierung von Oberbayern und das Landratsamt die Rechtsauffassung von Stadt und Erstem Bürgermeister teilten. Bei den Kommunalaufsichten gebe es offenbar … Verbesserungsbedarf“, so der Vorsitzende des Innenausschusses Dr. Martin Runge

Im Tenor stellt auch das Innenministerium fest: „… die Grundsatzentscheidung über die Einführung des neuen Stadtlogos geht über monetäre Aspekte hinaus und berührt das grundsätzliche Auftreten bzw. Erscheinungsbild der Stadt Mühldorf am Inn.“ Das Innenministerium beabsichtigt deshalb „die Regierung von Oberbayern zu bitten, … auf eine Befassung des Stadtrates mit der Grundsatzentscheidung über die Einführung des neuen Stadtlogos hinzuwirken.“

Ein Erfolg vor allem für die Demokratie. Ich bin doch erleichtert, dass Staatsregierung und Landtag mein Verständnis von Zusammenarbeit in der Stadt bestätigt haben“, meint der Fraktionssprecher. „Ich hoffe, die Sache führt zukünftig zu einem respektvolleren Umgang mit dem Stadtrat und einer rechtzeitigen Beteiligung an grundsätzlichen Fragestellungen.