Hinweis: In der Kategorie Kolumne
bieten wir eine Plattform für einzelne Mitglieder:innen, ihre ganz persönliche Meinung – durchaus auch einmal sehr pointiert – zu äußern und zu veröffentlichen. Dabei handelt es sich aber weder um die offizielle Meinung der Fraktion noch des Ortsverbands.
Am 13. Oktober war es soweit, die erste Sitzung des neuen Stadtentwicklungsausschusses (SEA). Die Hoffnung auf ein echtes Novum wurde enttäuscht. Themen und Prozedere waren doch sehr vorhersehbar. Am Ende geht’s nur um ein neues Parkhaus.
Ein bisschen lockerer
als in den anderen Gremien war’s schon. Und gelegentlich blitzte ein Schimmer der Hoffnung hervor, man wolle wirklich neue Wege gehen. So signalisierte der Begriff „Feed-Back“ in der Tagesordnung den Willen zur Offenheit und Kooperation. Erstaunlich ruhig blieb es allerdings, als der Punkt an der Reihe war. Vielleicht hatten sich die Organisatoren zu viel vorgenommen.
Man hätte etwas dazu sagen können
dazu, dass zu Beginn die Erwartungen der Verwaltung genannt wurden, aber die Erwartungen der Mitglieder niemanden interessierte. Man hätte erwähnen können, dass die Redeanteile des Sitzungsleiters vielleicht doch etwas größer waren, als die eines typischen Moderators. Man hätte darüber sprechen können, wieso eigentlich in der ersten Sitzung nicht zunächst die Agenda und die Methodik für die kommenden sechs Jahre besprochen werden. Wie oft trifft man sich? Womit fängt man an? Vielleicht hätten ja nicht alle das im Wahlkampf groß angekündigten Parkhaus für das vordringliche Thema gehalten. Vielleicht hätte ja jemand sogar angemerkt, dass vor der Planung eines Parkhauses einmal ein Verkehrskonzept stehen sollte.
Man hätte sich fragen können, warum eigentlich der für die Zukunft so wichtige Ausschuss so wenige Zuschauer in den Saal lockte und warum diese wenigen dann nicht einmal beteiligt werden.
Man hätte viel sagen können. Am Ende wollten die meisten einfach nur nach hause.
So war es die Show des Bürgermeisters
„sein Ausschuss“, „sein Vorsitz“, wie er im Vorfeld klar betonte. Einige Anläufe hatte es ja gegeben, das Thema Stadtentwicklung anders zu behandeln. Eine effiziente Task Force hatten wir vorgeschlagen. Workshop-Charakter, intensive Klausuren mit professioneller Moderation. Mehr Beteiligung von außen, von Bürgern, Experten etc. Mehr anders. Aber es musste ein Ausschuss sein…
Von Beginn an deutete alles auf ein Thema
Das „SüMö-Gelände„, das Wahlkampfthema der UM. Wer glaubte, das Monsterparkhaus würde nach der Wahl in Vergessenheit geraten, wurde eines Besseren belehrt.
Wer in der Altstadt wohnt
oder – noch wichtiger – sein Geschäft dort hat, dem war das bereits klar, als Mitte des Jahres, gerade in der ersten Corona-Welle, eine Umfrage zum Parkplatzbedarf im Briefkasten lag. (Genau genommen waren es 6 Briefe bei uns, aber das ist nur ein Detail.) Mit heißer Nadel gestrickt, spottete der Fragebogen handwerklich jeder Beschreibung.
Zustande kam er unter Ausschluss der Ausschussmitglieder. Selbst der Verkehrsreferent wusste nichts davon. Parken ist halt Sache der Wirtschaftsreferentin (UM). Es ging nur um Parkplätze, um Optimierung des individuellen PKW-Verkehrs. Fahrrad, ÖPNV oder andere Alternativen wurden nicht abgefragt. (s. Appendix) Und ich dachte, ich hatte im Wahlkampf verstanden, dass der Bürgermeister (in spe) keine Detaillösungen wollte, ohne ein umfassendes Gesamtkonzept. Da muss ich mich wohl verhört haben.
Nun, jedenfalls ist genau diese Umfrage das Argument für rasches Handeln. Alternative Verkehrskonzepte: Fehlanzeige.
Dann kam die Schließung der Norma
der Zusammenbruch der Nahversorgung für die Altstadt. Sie kam zum richtigen Zeitpunkt – zur ersten Ausschusssitzung. Man hätt’s nicht besser planen können.
Und so klang es in den Worten des Bürgermeisters ein bisschen, als ob die Nahversorgung der Altstadt an einem Parkhaus mit mindestens 500 Parkplätzen hängt. Dass Nahversorgung und Parkplätze eigentlich zwei gegenläufige Konzepte sind, hat dabei wohl niemanden gestört.
So geht es nun um (s)ein Parkhaus
das eine, das große, das omnipotente, das alternativlose, das alle Probleme lösende Parkhaus zwischen Luidpoldallee und Inn. Dezentrale Konzepte auf vorhandenen Plätzen sind Schnee von gestern. Ein Parkleitsystem kann in Mühldorf nicht funktionieren. Park & Ride ist ein Konzept aus der großen Stadt, und da soll es auch bleiben.
Gab es Lichtblicke?
Ja! Es herrscht eine gewisse Einsicht, dass auf dem Stadtplatz Parkraum abgebaut werden sollte. Parkraum zugunsten von Lebensraum. Die Idee, beispielsweise Verkaufsstände des Christkindlmarkts im Sommer auf dem Stadtplatz zu nutzen, war ein echtes Highlight. Fast schon Balsam für die geschundene Seele.
Wie gehts weiter?
Es wird einen Ideenwettbewerb geben. Die Verwaltung wird mehrere Büros auswählen und briefen. Der Ausschuss soll zumindest vor der Vergabe nochmals beteiligt werden. Das Thema wird uns noch lange beschäftigen. Und es hat das Potential, die Stadt zu spalten. Das gilt es zu vermeiden.
War noch was?
Ach ja, der Flächennutzungsplan (FNP), ein fasst schon marginales Thema. Immerhin, die Planaufstellung ist geprägt von der Idee, das eine oder andere geplante Baugebiet wieder in Grünflächen zu wandeln. Da kann man kaum etwas dagegen sagen. Nicht jeder Bereich konnte natürlich im Detail besprochen werden. Man kann nur empfehlen, dass sich möglichst viele Bürger am Fortgang der Planung aktiv beteiligen.
Appendix
Fragebogen „Arbeitgeber in der Altstadt“ | 28. Juli 2020
Sehr geehrter Herr Hetzl,
mit dem anliegenden Fragebogen wird eine Gelegenheit verpasst, den Verkehrsbedarf am Stadtplatz objektiv und umfassend zu ermitteln. Die Option, den ÖPNV bedarfsgerecht zu entwickeln oder etwa Carsharing-Angebote auszubauen, wird gar nicht in Betracht gezogen. Jedenfalls gibt es keinerlei Fragen, die in diese Richtung deuten.
Eine Umfrage stellt immer eine Belastung für die Befragten sowie die Befragenden dar und, wenn Sie wie hier auf Papier erfolgt, auch für die Umwelt. Mithin bleibt sie nicht ohne Kosten. Es ist deshalb sehr bedauerlich, dass die Gelegenheit nicht genutzt wurde, ein umfassendes Bild über den Verkehrsbedarf am Stadtplatz zu erhalten. Auf dem bisher einseitig bedruckten Fragebogen wäre auf der Rückseite sicherlich noch Platz für ein paar innovative Fragestellungen gewesen, die ein echtes Umdenken erkennen ließen. So wird Papier, Zeit und Geld verbraucht, ohne dass ein verwertbares Ergebnis erzielt wird.
Ich erwarte für die Zukunft, dass im Sinne einer kooperativen Zusammenarbeit die betroffenen Mitglieder des Stadtrats, insbesondere der entsprechenden Ausschüsse, und zumindest die betroffenen Referenten vorher an der Konzeption einer Umfrage beteiligt werden. Wie sonst sollte das Ergebnis letztlich die Akzeptanz im Stadtrat und in den Gremien finden?
Mit freundlichen Grüßen
M. Kraft