Das Fass war übergelaufen

ⓒ Matthias Kraft

Stellungnahme zur Stadtratssitzung vom 25. Februar 2021.

Als einen großen Mangel an Kollegialität bezeichnet Dr. Matthias Kraft das Verhalten der Mehrheit des Stadtrats in der letzten Sitzung. Nach dem frühzeitigen Ende des öffentlichen Teils blieb die Fraktion dem nichtöffentlichen Teil fern.

Eigentlich ist es schade, dass wichtige Prozesse der Meinungsbildung nun schon zum wiederholten Male von einer desinteressierten Stadtratsmehrheit rüde unterbrochen wurden“ erläutert Dr. Matthias Kraft, Fraktionssprecher der Grünen im Mühldorfer Stadtrat das Verhalten der Fraktion. Es diene nicht gerade dem Ansehen von Demokratie und Politik, dass immer, wenn eine Debatte an Fahrt gewinne, eine Mehrheit zum Abbruch drängt.

Was war geschehen? Nach dem unvermittelten Ende des öffentlichen Teils der Sitzung blieben die Grünen Stadträt:innen dem nichtöffentlichen Teil fern. „Es ist nicht das erste Mal,“ meint Kraft „dass eine wichtige Diskussion im Stadtrat durch einen Antrag zur Geschäftsordnung von einer sonst meist schweigenden Mehrheit der Mitglieder abgebrochen wurde. Es war an der Zeit, ein Zeichen zu setzen. Wenn ein Diskurs zu wichtigen Themen nicht gewünscht ist, dann braucht’s auch keine Sitzung.“ 

Er betont, er habe im Dialog mit Beteiligten anderer Fraktionen nach den letzten Vorfällen dieser Art bereits darauf hingewiesen, dass man dies nicht länger hinnehmen werde. Es sei der Tropfen gewesen, der ein volles Fass zum Überlaufen gebracht habe. Es könne also nicht wirklich überraschend gewesen sein.

Zwei Themen wurden in der ansonsten, wie immer recht einmütigen Sitzung doch emotional diskutiert. 

Zunächst ging es um ein großes Grundstück zwischen Rott- und Trostberger Straße. Nachbarn bezeichnen es als grüne Lunge ihrer Gegend. Der Beschluss, hier einen Bebauungsplan mit explizitem Schutz der Bäume aufzustellen, war nach dem Votum im Bauausschuss eine Formsache. Zur Sicherung dieser Bäume forderten die Grünen eine Veränderungssperre. Das sei eigentlich üblich und die einzige Möglichkeit, solange es keine Baumschutzverordnung gäbe, die Bäume auf dem Grundstück bis zur Gültigkeit des Plans zu schützen, erläutert der Fraktionssprecher. 

Für mich gibt es keine rationale Begründung, dies nicht zu tun. Offensichtlich sind weite Teile des Stadtrats aber grundsätzlich gegen alles, was von den Grünen kommt.“ Selbst für das Grundstück in der Töginger Straße, wo der gesamte Baumbestand bereits gerodet sei und nichts mehr kaputt gemacht werden könne, stünde eine Veränderungssperre auf der Tagesordnung des nächsten Bauausschusses. „Wieso machen wir es nicht dort, wo es noch etwas zu schützen gibt? Die Diskrepanz zwischen Wort und Tat in Sachen Umweltschutz nimmt bei einigen Parteien wirklich absurde Züge an.

Den letzten Tagesordnungspunkt des öffentlichen Teils der Ratssitzung „Fragen der Stadträte an die Verwaltung“ hatte Kulturreferentin Claudia Hungerhuber (SPD) mit einer kritischen Frage zur Situation des Mühldorfer Kulturlebens eröffnet. Sie nahm dabei Bezug auf eine schriftliche Anfrage der Grünen. Das Thema wurde heftig diskutiert. 

Trotz eines angekündigten Fragenkatalogs war der zuständige Abteilungsleiter nicht in der Sitzung erschienen. „Ich halte das persönlich für einen Affront gegen den Stadtrat. Alle verstecken sich hinter Corona.“ Das Fernbleiben des Abteilungsleiters sei symptomatisch für das Fernbleiben von Ideen und Aktivitäten in dem gesamten Bereich, erläutert der Fraktionssprecher in einer Presseerklärung seinen Unmut und den der Fraktion. „Ich erwarte ja gar nicht, dass wir mit neuen Konzepten vorneweg gehen. Aber wir gehen ja nicht einmal hinterher, wenn andere Kommunen uns zeigen, wie’s geht“.

Mitten in der Diskussion stellte Stadtrat Niederschweiberer, der stellvertretende Fraktionssprecher der CSU, den Geschäftsordnungsantrag auf Ende der Debatte. Für die Fortsetzung der Debatte stimmten nur zehn Stadträtinnen und Stadträte von Grünen, Linken und SPD. „Dass hier weder die schon gemeldeten Beiträge zugelassen noch andere Themen angeschnitten wurden, ist inakzeptabel. Deshalb ein deutliches Zeichen zu setzen, war eine logische Konsequenz. Natürlich hoffe ich, dass wir bald wieder zu einem vernünftigen und sachlichen Diskurs zurückkommen.

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